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9.* S'HIMUGÜEGELI UF DER SÖIBLUEME

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S'HIMUGÜEGELI UF DER SÖIBLUEME

Meine Beziehung zu dieser Geschichte hat damit begonnen, dass die beiden Moser-Jungen am Fernseher in einer Kindersendung auf die Idee gebracht wurden, sich eine Art Terrarium zu basteln, zwecks Tierbeobachtung. Also holte Mario auf Befehl seines älteren Bruders ein grosses, leeres Konfitürenglas aus dem Keller. Mit einem Hammer und einem Hunderternagel wollten die Beiden Luftlöcher in den Blechdeckel schlagen. Zuerst versuchte es der Grosse alleine und haute sich voll auf den Daumen. Auf dieses Missgeschick hin sollte nun der Kleine den Nagel hinhalten –Marco schlug wieder daneben und bei Lukas flossen die Tränen. Durch diese grossen Löcher hättei ch später entfliegen können. Für die Beiden musste ein anderer Verschluss fürs Glas her. So suchten sie in Vaters grossem Werkzeugschrank, den die Mutter eher als Müllcontainer bezeichnete. Darin sammelte sich all das an, was Urs aus den Abfallmulden auf den Baustellen fischte und mit dem Gedanken nach Hause brachte ,diese Dinge später einmal für etwas verwenden zu können.
Aber bat ihn Silvia, in Küche oder Badezimmer etwas zu reparieren, meinte er meistens nur:“Ich finde das richtige Werkzeug gerade nicht, Schatz“.
Die beiden Knaben wurden aber fündig. Ein sehr feinmaschiges Sieb- - durch das ich nicht entfliegen konnte - - hatten sie entdeckt und mit zwei Gummibändern übers Glas befestigt.Eine Spinne in ihr Zimmer zu stellen hatte ihnen die Mutter verboten, sonst könnten sie in Zukunft ihre Betten selber machen.
Selber finde ich , eine Schmetterlingsraupe wäre doch interessanter gewesen zum beobachten, aus ihr hätte es doch später einen schönen Falter gegeben. Ich war zuoberst in Hürzelers Baum gewesen, als mich die beiden Lausbuben beim Planen und Ausmessen ihrer Baumhütte sahen und ihnen ihr leeres Terrarium in den Sinn kam. An diesem Baum krabbelten doch noch so viele andere Käfer herum. Ich weiss nicht, ob es meine rote Farbe ist,
oder die sieben schwarzen Punkte auf meinen Flügeln, die Zahl sieben soll ja , Glück bringen dass die Menschen mich so mögen. Bin ich doch auf so manch verschiedener Glückwunschkarte zu finden. Klar den Maikäfer gibt es auch wie mich in süsser Form aus Schokolade, ihn aber nur zur Flugzeit sines lebendigen Vorbildes im Frühling. Im Gegensatz zum Melolonta melolonta, so sein lateinischer Name, der in Massen auftretend ganze Bäume kahlfressen kann und schon als Larve im Boden durch den Wurzelfrass ganze Felder vernichtet, bin ich im Garten und auf dem Kulturland, als so genannter Nützling gern gesehen. Der Coccinella septempunctata,so meine lateinische Bezeichnung, wird sogar gezüchtet, um in der (Bio-) Landwirtschaft gegen Schädlinge eingesetzt zu werden.
In meiner Sorglosigkeit lief ich flink mit meinen sechs kurzen Beinchen von einem Blatt von Hürzelers Baum auf den ausgestreckten Zeigefinger der kleinen rechten Hand von Lukas. Von dort krabbelte ich rein in seine Handinnenfläche und er schloss mit der linken Hand zu. Nun rief er freudig :“Marco schnäu gib s‘Zündhöuzschachteli.“ Sie hatten in letzter Zeit immer ein Leeres dabei um einen Fund wie mich hinein zu stecken.Fand mich nach einer dunklen und bewegten halben Stunde wieder in besagtem Konfitürenglas.
Zum Glück fragte Marco seine Lehrerin was ich fresse. So kam ich auch im Konfitürenglas zu meiner Leibspeise, den Blattläusen. Meiner Vorliebe für Läuse verdanke ich auch das Rauskommen aus dem Glas, denn Mutter Moser fand es nicht sehr lustig, dass ein Glas voller Blattläuse auf dem Fenstersims neben ihren schönen Geranien stand. So nahm sie eines Morgens, beim ersten Kontrollblick ins Zimmer der Jungs und Giessen der Blumen, das Glas mit in die Küche. Sie löste die Gummibänder. Dabei verschob sich das Sieb. Wohin mit dem Inhalt wusste sie im Moment nicht. Auch musste sie jetzt zuerst für ihren Göttergatten sein Znünibrot streichen. und ich anstatt aus dem Küchenfenster zu fliegen, flog auf das Salatblatt, welches Mutter Moser auf die Salamischeiben im Sandwich von Vater Moser legte. Sie fand im Gegensatz zu ihm, es gehöre immer noch etwas gesundes ins Brötchen. und ehe ich mich versah war ich wieder eingeschlossen, diesmal in einer grasgrünen Plastikbox. Es gibt diese in Familie Mosers Haushalt noch in pink, hellblau, gelb und weinrot. Denn was für Urs seine Sammlung im Werkzeugschrank ist, ist für Silvia die Anhäufung von Tupperwaregeschirr im Küchenschrank .Silvia hat ausgerechnet, dass sie bei der nächsten Tupperwareparty nur noch etwas für sFr. 18.95 kaufen muss, vielleicht die kleinen ineinander stapelbaren Schälchen, in den gleichen Farben wie die Boxen, um den praktischen Saucenshaker und das ( un-) handliche Salatbesteck, als Geschenk zu erhalten.
Für mich begann wieder eine dunkle und rumpelige Reise hier her zur Fundstelle des Sarkophages. Wo ich in der Pause der Baumannschaft wieder in die Freiheit entkommen konnte bevor Moser Ürsu von seinem Znünibot abbiss.